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Collaborations – Betrachtungen und Erfahrungen mit Basquiat, Clemente und Warhol

Bruno Bischofberger, 1995, editiert 2023

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Erstmals publiziert in:

Tilman Osterwold Hg., Collaborations: Warhol, Basquiat Clemente, Cantz, Ostfildern-Ruit, 1996, S. 108ff.

Collaborations mit ILL.jpg

Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat, Bruno Bischofberger and Francesco Clemente, New York, 1984.

Foto: Beth Philipps

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Im Winter 1983–84, anlässlich eines der vielen Besuche von Jean-Michel Basquiat bei uns in St. Moritz, sprachen wir zusammen über Gemeinschaftsarbeiten von Künstlern, sogenannte Collaborations. Verschiedene Gründe waren Anlass zu diesem Gespräch. Basquiat malte in unserer Garage in der Chesa Lodisa zusammen mit meiner damals nicht ganz vier Jahre alten Tochter Cora ein 120 x 120 cm grosses Leinwandbild in Acrylfarben. In meinem St. Moritzer Gästebuch zeichnete Basquiat zur gleichen Zeit eine doppelseitige farbige Zeichnung, wiederum zusammen mit Cora. Der frühkindlich-primitive Stil meiner Tochter und Basquiats freiwillig gewählter «primitiver» Stil ergänzten sich nahtlos. Schon bei meinem ersten Besuch in seinem Atelier 1982 in New York antwortete er mir auf meine Frage nach möglichen Künstlervorbildern: «Was mir wirklich gefällt und mich auch beeinflusst, sind die Werke der meisten drei bis vier Jahre alten Kinder.» Aus dem Winter des Jahres vorher (Januar 1983) gibt es im gleichen Gästebuch einige Seiten vorher ein zweiseitiges, farbiges Pastell, eine Collaboration von Francesco Clemente und Cora, von Clemente mit beiden Namen signiert. Wieder einige Seiten vorher, datiert März 1982, findet man zwei Zeichnungen von Walter Dahn und Georg Dokoupil. Diese beiden Künstler malten bei ihrem damaligen Besuch bei uns in der Garage eine kleine Gruppe Collaborations in Acryl auf Leinwand; eins davon hing im Winter 1983–84 im Hause.

 

All dies waren Anlässe für Jean-Michel Basquiat und mich, über Collaborations zu sprechen. Persönlich war ich seit längerer Zeit fasziniert von Gemeinschaftswerken von Künstlern. Ich kannte Collaborations von Malern des 15. bis 19. Jahrhunderts und die Werke des Cadavre exquis der Surrealisten. Seit über zwanzig Jahren besass ich eine 1961 entstandene Collaboration von Jean Tinguely, Niki de Saint-Phalle und Daniel Spoerri. Auch gehörte mir ein Bild, das 1979 gemeinsam von Enzo Cucchi und Sandro Chia gemalt wurde, und ich hatte ab 1983 Gemeinschaftswerke der in New York lebenden Künstler David McDermott and Peter McGough gekauft. Die Konzeptualität dieser Werke faszinierte mich, da durch den freiwilligen Akt des Zusammenarbeitens eine gewisse Theorie stärker in den Vordergrund trat als in den sonst von den Künstlern einzeln gearbeiteten Werken.

 

Es war mir aufgefallen, dass in den letzten Jahren in den Werken der sogenannten «Postmoderne» oft eine Art konzeptuelle Collaboration stattfand, weil Künstler sich bei vielen ihrer Arbeiten auf Werke anderer Künstler beriefen, respektive Teile anderer Kunstwerke in ihre Werke integrierten. Aus der grossen Vielfalt dieser Werke sei hier erwähnt: Caravaggio in mehreren frühen Werken Julian Schnabels (1980–81) (Abb. 1), Watteau und Giacometti in Werken David Salles und die frühen Werke Warhols in dessen eigener Serie der Reversal Bilder (1979–80) (Abb. 2). 

 

Als ich Sandro Chia 1980 in Venedig darauf ansprach, wieso er, zwar in seinem Stil, Kirchners Dusche-Bild aus dem Museum of Modern Art in New York ziemlich genau kopiert hatte, sagte mir dieser: «Naturalmente, pesco nella pittura – Natürlich, ich fische in der Malerei.» Dieser programmatische Ausspruch hatte für viele Werke der damals neuen Malerei Gültigkeit und gipfelte im konzeptuellen Werk eines Mike Bidlo, einem radikalen Endpunkt in dieser Entwicklung, wobei der Künstler in direktester Art die Werke anderer Künstler wiedergibt, was für den uneingeweihten Betrachter als blosses Kopieren erscheinen mag. Auch dies ist eine Art Ultra-Collaboration (Abb. 3). 

 

In meinen Gedanken war ein Projekt herangereift, Andy Warhol zu fragen, ob er mit einem oder zwei der jüngeren Künstler, die ich vertrat, Gemeinschaftswerke machen würde. 1968 wurde ich Warhols Hauptkunsthändler, als er mir das «Vorkaufsrecht» eingeräumt hatte, das bis zu seinem Tod 1987 galt. Zur gleichen Zeit teilte er mir mit, dass er in Zukunft nur noch Filme machen wolle und nicht sicher sei, ob er weiterhin malen würde. Doch kurz darauf konnte ich ihn davon überzeugen, mit der grossen Serie der privaten Porträts zu beginnen, die schliesslich zu seinem Haupteinkommen wurde. Mit Warhol hatte ich 1969 auch das Interview Magazine mitbegründet, an dem ich mit 25 Prozent beteiligt war. Ich hatte die Idee, dass Warhol Porträts von Menschen machen sollte, die bereit waren, sich fotografieren zu lassen. Ihm gefiel die Idee und er sagte mir begeistert, dass er damit eine «Galerie Contemporaine» bekäme, wie er sie von den Bild-Bänden berühmter Persönlichkeiten kannte, die Nadar, Etienne Carjat und andere Fotografen Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich geschaffen hatten.

 

Anfang Oktober 1982 fragte ich Warhol, ob ich mit Jean-Michel in die Factory kommen könnte, um ein Porträtfoto von ihm machen zu lassen, damit dieser im Austausch gegen ein Werk des jungen Künstlers ein Werk auf Leinwand schaffen konnte. Ich hatte schon seit mehreren Jahren eine Vereinbarung mit Warhol und hatte bereits eine Reihe von Künstlern mitgebracht, vor allem diejenigen, welche ich in meiner Züricher Galerie ausgestellt hatte. Warhol vertraute meinem Urteil und durch diesen Austausch konnte er Beziehungen mit der jüngeren Generation aufbauen. Aber in diesem Fall war Warhol ziemlich überrascht und fragte mich: «Glaubst du wirklich, dass Basquiat ein so wichtiger Künstler ist?» und ich erwiderte: «Ja, das glaube ich.» Er war mit Basquiats neuem Werk nicht vertraut; er hatte ihn ein oder zwei Mal getroffen und fand ihn jedes Mal zu forsch. Um mit dem bekannten Künstler in Kontakt zu treten, hatte Basquiat ihm die Art von kleinen Zeichnungen auf Papier angeboten, die er auf der Strasse verkaufte, aber Warhol war sehr skeptisch. Ich informierte Basquiat über die Neuigkeiten, die ihn sehr freuten, und nahm ihn am späten Morgen des 4. Oktober mit in die Factory, um ihn Warhol offiziell vorzustellen.

 

An diesem Tag fotografierte Warhol Basquiat mit seiner Spezial-Polaroid-Portraitkamera etwa dreissig Mal.  Jean-Michel fragte Warhol, ob er auch ein Foto von ihm machen könne, knipste einige Bilder von diesem und bat mich, einige von ihm und Warhol zusammen zu machen. Daraufhin schickten wir uns an, im Nebenraum beim üblichen kalten Buffet zu Mittag zu essen. Basquiat wollte nicht bleiben und verabschiedete sich. Kaum waren wir mit dem Mittagessen fertig, etwa ein bis höchstens eineinhalb Stunden später, erschien der Assistent Basquiats mit einem 150 x 150 cm grossen Werk auf Leinwand, noch völlig nass, das ein Doppelportrait von Warhol und Basquiat darstellte: Andy links in der typischen Pose mit der Hand am Kinn und Basquiat rechts mit seinem wilden Haarwuchs, den der damals trug. Das Bild trug den Titel Dos Cabezas. Der Assistent war mit dem Bild in der Hand die zehn bis fünfzehn Häuserblocks von Basquiats Atelier an der Crosby Street bis zur Factory am Union Square gerannt, da es nicht in ein Taxi passte.

 

Alle Besucher und Mitarbeiter in der Factory liefen zusammen, um das Bild zu sehen, und es fand allgemeine Bewunderung. Am meisten erstaunt war Andy, der sagte: «Ich bin wirklich eifersüchtig – er ist schneller als ich». Bald darauf fertigte Warhol von Basquiat auf mehreren gleichgrossen Leinwänden ein Portrait: Basquiat mit seiner wilden Haartracht, gesiebdruckt auf einem Hintergrund in der Oxidations-Art, wie die 1978 hergestellten Oxidations- oder Piss-Bilder. Basquiat malte später noch zwei weitere Portraits Warhols. Das eine 1984 mit dem Titel Brown Spots, welches Andy als Banane darstellte (Abb. 4), und das andere 1984–85 in der Factory bei Warhol, welches den stehenden Warhol mit Brille und grosser weisser Perücke bei der Gymnastik mit je einer Hantel in der Hand darstellt.

 

Ich hatte Jean-Michel Basquiat bereits in St. Moritz gefragt, ob er an einer Zusammenarbeit mit Warhol und vielleicht einem anderen Künstler interessiert wäre. Jean-Michel war für neue Ideen ausserordentlich aufgeschlossen und sagte sofort zu. Er war sicher auch daran interessiert, gemeinsam mit dem berühmten Warhol zu arbeiten. Als dritten Künstler für das geplante Collaborations-Projekt kam ich mit Basquiat bald auf Francesco Clemente zu sprechen, und wir entschieden uns gemeinsam, ihn zu dem Vorhaben einzuladen. Zuerst wollten wir natürlich wissen, ob Warhol mit diesem Projekt einverstanden sein würde.

 

Jean-Michel kannte und schätzte Clemente, dessen Atelier nur zwei Häuserblocks von seinem Haus entfernt war. In den nächsten Jahren freundete er sich mit ihm und seiner Frau Alba sehr an. Auch Schnabel kannte er schon länger und war sehr beeindruckt von seiner Arbeit und seinem Erfolg. Aber Basquiat entschied sich, Schnabel nicht mit dem Projekt der Zusammenarbeit anzusprechen. Er hatte das Gefühl, wie er mir erklärte, dass ein Künstler wie Schnabel mit seiner starken, dominierenden Persönlichkeit es nicht hätte verhindern können, die Arbeit der anderen mitarbeitenden Künstler zu beeinflussen oder zu kommentieren. Als Schwarzer in New York reagierte Basquiat überempfindlich auf die Kommentare anderer Künstler zu seiner Arbeit. Er erzählte mir, dass Schnabel einmal – meiner Meinung nach zu Unrecht –, als er auf die Frage, wie er ein Werk von Basquiat gefunden habe, das beide betrachteten, eine Basquiats Ansicht nach beleidigende und zu kritische Antwort gab, diese war von Julian aber sicher nur als konstruktive Anregung gemeint.

 

Clemente hatte im Sommer 1983 in Skowhegan im Staate Maine eine Gruppe von zwölf grossformatigen Bildern gemalt, die ich von ihm erwerben konnte und die auch eine Art Collaborations war. Er spannte Fragmente von gemalten Theaterkulissen aus Stoff auf Keilrahmen und komponierte zu den schon existierenden Motiven seine eigenen. Auch Schnabel, der schon früher Bildhintergründe, die selber eine stark ausgebildete Struktur besassen, in der Art einer Collaboration verwendete, hat 1986 eine Serie japanischer Kabuki-Theaterkulissen bemalt, und Enzo Cucchi bemalte ebenfalls 1987 vier italienische Theaterkulissen.

 

Um bei den geplanten Collaborations eine möglichst grosse Spontanität zu erreichen, schlug ich Basquiat vor, dass jeder der Künstler, ohne vorher mit den anderen über Thematik, Stil, Grösse, Technik etc. zu sprechen, selbständig einige Werke ausführen würde, natürlich im Bewusstsein, dass zwei weitere Künstler auf dem gleichen Bildträger arbeiten werden, für die ein physischer und geistiger Raum freigelassen werden muss. Weiter schlug ich ihm vor, dass jeder Künstler die eine Hälfte seiner Werke dem einen und die andere Hälfte dem anderen zur weiteren Arbeit  zusenden würde und dass die von zwei Künstlern bearbeiteten Werke zum Schluss zu dem Künstler gesandt werden, dessen Mitarbeit noch fehlte. Basquiat fand dies gut und war damit einverstanden.

 

Bei meinem nächsten Besuch in New York unterbreitete ich das ganze Projekt Andy Warhol und auch Francesco Clemente. Beide fanden es interessant und sicher auch als eine neue Herausforderung und begannen bald darauf mit ihrer Arbeit. Ich schlug vor, dass jeder Künstler vier Arbeiten in Öl oder Acryl beginne und eine Arbeit auf Papier.

 

Zwischen dem 15. September und 13. Oktober 1984 zeigte ich die Gruppe der fünfzehn Werke in meiner Zürcher Galerie unter dem Titel Collaborations – Basquiat Clemente Warhol mit einer gleichnamigen Publikation. In allen Werken auf Leinwand benutzte Warhol seine seit 1962 übliche Siebdrucktechnik, und bei zwei Werken repetierte er das von Basquiat und Clemente geschaffene erste Panel fünfmal in gleicher Grösse, wobei er die Komposition des ersten Panels in Siebdrucktechnik wieder aufnahm. Bei drei Arbeiten benutzte auch Basquiat die Technik des Siebdrucks.

 

Die drei grossformatigen Zeichnungen, bei denen auch die Reihenfolge der Arbeit der Künstler jedes Mal unterschiedlich war, wurden mit dem Einverständnis der Künstler auf Leinwand aufgezogen, damit diese ohne Glas gezeigt werden konnten. Auch hier hat Warhol bei der Arbeit, bei der er der letzte der drei Künstler war, das Werk der zwei anderen in einem Siebdruckpanel wiederholt. Bei der Zeichnung, die er selbst begann, zeichnete er, wohl nach optischer Projektion, zwei GE (General Electric)-Embleme und ein Spaceship eine Wiedergabe eines ‘Kinder-Bildes’ aus einer Serie, die ich von ihm im Jahr zuvor für eine Ausstellung kommissioniert hatte. Bei der dritten Arbeit auf Papier, Alba‘s Breakfast, die von Clemente begonnen worden war, malte Warhol in roter Farbe, in verwandtem malerischen Stil seiner handgemalten Bilder der frühen sechziger Jahre, wiederum ein GE-Emblem und eine Waschmaschine in Rot (Abb. 5).

 

Warhol überliess die Titelgebung der Werke, auf meine Anfrage hin, Basquiat und Clemente. Im Sommer 1984 flogen meine Familie, Basquiat und ich nach Rom zu Clemente, um ein Familienportrait malen zu lassen. In einer Pause während des Portraitierens gingen Basquiat, Clemente und ich ins nahegelegene Restaurant Casa del Popolo, welches einem der Bilder als Titel Pate stand (Abb. 6), und die Künstler berieten sich, um allen fünfzehn Werken anhand der von mir mitgebrachten Diapositive einen Titel zu geben. Eines der Bilder erhielt den Namen Ex-Ringeye (Ex-Ring-Auge) (Abb. 7). Dieses Werk wurde von Warhol begonnen. Basquiat, der als letzter Künstler tätig wurde, umgab das Gesicht der zentralen Figur Clementes mit einem weissen Kreis und die Augen mit weissen Ringen. Nach einer Unterhaltung der beiden wurde mit gegenseitigem Einverständnis der Kreis ums Gesicht und die Kreise um die Augen wieder entfernt.

 

Während dieser Reise, die uns noch zu Enzo Cucchi nach Ancona und zu Miquel Barceló nach Mallorca führte, sagte mir Basquiat, indem er Warhols Handmalerei auf dem Werk Alba‘s Breakfast erwähnte: «Andy ist so ein fantastischer Maler! Er malt von Hand immer noch gleich gut wie in seiner Frühzeit. Ich werde versuchen, ihn zu überzeugen, die Malerei von Hand wieder aufzunehmen.»

 

Als ich anlässlich eines meiner damals fast monatlichen Besuche in New York ungefähr ein halbes Jahr später, im Frühjahr 1985, wie gewöhnlich mit Warhol zusammentraf, eröffnete mir dieser, dass er seit mehreren Monaten bei ihm in der Factory mit Jean-Michel Basquiat zusammen an vielen Collaborations male. Er wirkte etwas verlegen, vermutlich weil er und Basquiat mir dies nicht schon früher erzählt hatten. Er sagte auch, dass er und Basquiat eigentlich dachten, ich hätte als Händler nicht unbedingt ein Privileg auf diese Bilder, da diese nicht mehr eine Kommission von mir darstellten wie die Dreier-Collaborations. In diesem Punkt musste ich ihm recht geben. Er räumte aber sofort ein, dass ich als sein und Basquiats Kunsthändler aber doch die geeignete Person sei, dem sie diese Werke anvertrauen und verkaufen würden. Er zeigte mir eine grössere Anzahl dieser Bilder – grossformatige Arbeiten, meistens ca. 2 x 3 oder 6 m, und einige wenige 2 x 1,5 m gross. Ich war äusserst überrascht und begeistert zugleich über diese Werke. Der ganze Beitrag Warhols war handgemalt, zum Teil mit plakativen und heraldisch gemalten Vergrösserungen von Reklamebildern, Schlagzeilen und Firmenemblemen, aber zum Teil auch in malerisch freier Pinselführung, ähnlich wie in einem Teil seines Frühwerkes von 1960–61. Meistens war Basquiat als zweiter Künstler auf der Leinwand tätig geworden und hatte seine spontane, expressiv überbordende Bildwelt der von Warhol integriert. Erstaunlich war auch, dass bei vielen der Werke Basquiat seinerseits die Siebdrucktechnik angewendet hatte. Bei diesen Werken war es fast immer Warhol, der als zweiter Künstler tätig geworden war. Ich erwarb eine grosse Gruppe dieser Werke von den beiden Künstlern, und wir beschlossen, sie in New York zu zeigen; gemeinsam fiel unsere Wahl auf die Galerie von Tony Shafrazi. Andy war vor allem daran interessiert, diese Collaborations nicht ‘uptown’, sondern ‘downtown’ zu zeigen, da – wie er sagte – dort die lebendigere und jüngere Kunstszene war. Ende September 1985 fand die Ausstellung mit sechzehn der von mir erworbenen Bilder statt. Die Kritiken, die zu dieser Ausstellung erschienen, waren fast durchwegs negativ. Die Werke wurden von Vivien Raynor am 20. September in der New York Times als Manipulationen Warhols, der Basquiat als sein Maskottchen benutzen würde, bezeichnet. 

 

Ich war, nach über zwanzigjähriger Galerietätigkeit, daran gewöhnt, dass fast alle meine besten und wichtigsten Ausstellungen von neueren Kunstschöpfungen wenig Erfolg hatten und fast ausschliesslich negative Kritiken erhielten. Ich dachte dabei immer, dass der kreative und kämpferische Geist dadurch beim Künstler wachgehalten wird und keine Gefahr besteht, dass dieser wegen eines grossen und allgemeinen Lobgesanges auf seine Kunst zu träge wird und sich auf dem Geschaffenen ausruht, um sich im schlimmsten Fall zu wiederholen und selbst zu imitieren.

 

Warhol war seit vielen Jahren an das gleiche Phänomen gewöhnt. Basquiat hingegen, der hoffte, mit dieser Ausstellung und durch die Weihe des berühmten Warhols, selbst zu höheren Weihen zu gelangen, war unglücklich über die Reaktion der Kritiker und begann seine bis dahin häufigen Mal-Sessionen in Warhols Factory fast völlig aufzugeben. Andy, der anscheinend noch weitere Arbeiten geplant hatte, war darüber nicht sehr erfreut. Die grössere Gruppe der handgemalten, meist grossformatigen Spätwerke Warhols, die erst nach dessen Tod vom Nachlass zu verschiedenen Anlässen gezeigt wurden, erschienen mir aus stilistischen und ikonographischen Gründen immer als angefangene Collaborations, bei denen Basquiats Beitrag fehlt. 

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Text mit Abbildungen und Fussnoten

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Schnabel, The Exile

Abbildung 1:

Julian Schnabel, The Exile, 1980

Öl, Geweih, Goldpigment und Mischtechnik

auf Holz

229 x 305 x 63 cm

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Bidlo Not Picasso

Abbildung 3:

Mike Bidlo (1953),  Not Picasso (Les demoiselles d’Avignon, 1907) 1984

Öl auf Leinwand

244 x 234 cm

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Warhol Retrospective

Abbildung 2:

Andy Warhol, Retrospective, 1978

Acryl und Siebdruck auf Leinwand

203 x 203 cm

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Basquiat Warhol as a Banana

Abbildung 4:

Jean-Michel Basquiat, Brown Spots (Portrait of

Andy Warhol as a Banana)1984

Acryl und Ölkreide auf Leinwand

193 x 213 cm

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Collaboration Alba's Breakfast

Abbildung 5:

Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat & Francesco Clemente, Alba’s Breakfast, 1984

Mischtechnik auf Papier, aufgezogen

auf Leinwand

117 x 150 cm

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Collaboration Casa del Popolo

Abbildung 6:

Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat & Francesco Clemente, Casa del Popolo, 1984

Mischtechnik auf Leinwand

128 x 215 cm

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Collaboratin Ex-Ringeye

Abbildung 7:

Andy Warhol, Jean-Michel Basquiat & Francesco Clemente, Ex-Ringeye, 1984

Mischtechnik auf Leinwand

122 x 167.5 cm

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